7. Ehepost

Eltern werden – Liebespaar bleiben

Das Liebespaar das wir sind, wird das Elternpaar, das wir werden

Was hat sich durch ihre Mutterschaft verändert?, wird die britische Schauspielerin Helena Bonham Carter einmal gefragt. Lachend sagt sie: Ja, auf einmal siehst du dein Herz auf der Straße spazieren! Was für Mütter gilt, gilt auch für Väter und erst recht für Paare: Mit dem ersten Kind bekommt unsere Liebe ein Gesicht. Und das gemeinsame Herz bekommt buchstäblich Beine.

Man kann sich das tausendmal erzählen lassen, aber erst wenn sie da sind spüren wir, dass niemand mehr Zugriff auf unsere Herzen hat, als unsere Kinder: Für sie würden wir alles stehen und liegen lassen, um die ganze Welt reisen und uns in die Höhle jedes Löwen begeben. Diese Intensität ist irritierend und wundervoll, vollkommen neu und absolut überwältigend. Über diese Kraft wird manchmal gelächelt, viel gespottet und allzu oft hinweggesehen. Doch davon leben kleine und große Kinder, weil sie auf diese Weise mindestens einen sicheren Platz im Leben haben: Erst nehmen sie das Herz ihrer Eltern in Beschlag – und später mit in die Welt hinaus.

Kinder sind das größte Glück für die junge Familie – und die größte Katastrophe für die Partnerschaft. Dieses schonungslose Wort stammt vom Paartherapeuten John Gottman. Doch, muss das so sein? Nicht, wenn wir von Anfang an vertrauen: Das Liebespaar das wir sind, wird das Elternpaar, das wir werden. Denn wer liebt, kann Bäume ausreißen oder Bäume pflanzen, Häuser bauen oder eben Kinder großziehen. Weil Liebe immer über sich hinaus wächst, sind wir ein Eltern-Team und das Kind unser gemeinsames – und vermutlich großartigstes – Projekt.

Manchmal plant man ein Kind, träumt von einem Kind, manchmal kommt es unverhofft und manchmal gar nicht. Ungewünscht ohne eigene Kinder zu leben ist für viele Paare eine große emotionale Krise. Das kann unglaublich wehtun und ein Schmerz werden, der nie vergeht. Es ist eine große Herausforderung, diese Tatsache anzuerkennen und darüber hinaus eine Idee zu entwickeln, wie das Leben auch ohne leibliche Kinder fruchtbar werden kann. Für manche Paare mag der Gedanke, ein Kind zu adoptieren oder in Vollzeitpflege zu nehmen, infrage kommen, um der Liebe, die über sich hinauswachsen will, Raum zu geben.

Nicht in jeder Stunde herrscht bei jungen Eltern eitel Sonnenschein. Wenn Paare Kinder bekommen, erwischt sie oft der Baby-Schock. Die Gefühle fahren Achterbahn. Da gibt es Glücksmomente, die dem Paar alles schenken, was es sich erträumt hat: zärtliche Liebe, die das Baby mit seiner rührenden Hilflosigkeit weckt, zeitloser Friede, den sein Schlaf ausstrahlt, das glucksende Lachen, das erste Wort. Doch diese Momente wechseln sich ab mit hoffnungsloser Überforderung – nicht mehr die eigenen Wünsche und Pläne, sondern die Bedürfnisse des Babys bestimmen jetzt den Lebensrhythmus. Arbeiten bleiben liegen. Das nächtliche Füttern und Wickeln kostet Schlaf und zehrt an den Kräften. Lieb gewordene Gewohnheiten bleiben auf der Strecke und manchmal auch die Zweisamkeit.

Als Team Eltern könnt ihr eine Basis finden, respektvoll aufeinander zu hören und Lösungen für die stets neuen Anforderungen zu finden. Humor kann dabei sehr hilfreich sein. Gepaart mit einer großen Portion Gelassenheit ist er hilfreich, in Alternativen zu denken und sich nach geeigneten Unterstützungsmöglichkeiten umzusehen: Vielleicht gibt es Großeltern in der Nähe oder andere Babysitter, die sich regelmäßig und liebevoll um das Kind kümmern. Vielleicht gibt es einen Freundeskreis oder Ehepaar- und Familiengruppen, in denen ihr auftanken könnt und die gelegentlich auch mal das Kind oder andere Arbeit abnehmen können.

Denn kinderfreie Zeiten, in denen Paare gemeinsam durchatmen, miteinander reden oder Schönes erleben, sind nicht nur für das Paar wertvoll. Auch für Kinder ist es gut, wenn sie spüren, dass ihre Eltern sich lieben und dass sie sich um sie keine Sorgen zu machen brauchen.

 

Kinder sind Erfinder

finden Zeit an jeder Straßenecke
und in jedem Hundekorb ein Gegenüber

finden Lachen in jedem Gesicht
und in Tränen über Tränen die Lösung

finden Freude wo alle Anstrengung vermuten
und wo niemand sich wundert tausend Wunder

finden Liebe ist das Allerwichtigste
und sofort einzulösen jetzt und hier

Kinder sind Erfinder unserer Welt
sie suchen keine andere – nur immer mehr

Martina Kreidler-Kos

Erste Hilfe: Eltern sein und Paar bleiben  

Wer kümmert sich mal ums Kind?
Ein verlässlicher Babysitter ist Gold wert, besonders, so lange die Kinder noch nicht in die Schule gehen. Dabei können die Großeltern einbezogen werden oder wir wechseln uns mit Freunden ab. Es tut Kindern gut, wenn wir gut für uns als Paar sorgen.

Wann hab ich mal Zeit für mich?
Der Partner ist wichtig. Unsere eigene Beziehung zu uns selbst und zu unseren Freunden ist es auch. Und: alles wird schöner, wenn es mal eine Pause gibt, auch das Zusammensein. Außerdem hat man mehr zu erzählen, wenn jeder auch noch eigenen Hobbies und Interessen nachgeht.

Wann erleben wir beide uns als Liebespaar?
Wir sind in erster Linie nicht Eltern, sondern ein Liebespaar – so dürfen wir uns dann immer wieder auch fühlen. Ein Abend in einem netten Lokal, ein Picknick zu zweit, ein Spaziergang ohne Kinder und wenn es geht auch mal ein Wochenendausflug zum Verwöhnen wirken Wunder in der Beziehung. Tapetenwechsel bringen neue Eindrücke und ein schönes Hotelzimmer kann sehr beflügelnd wirken!

Wie vermeiden wir Beziehungs-Langeweile?
Eine gemeinsame Routine ist gut und wichtig, aber, damit die Beziehung nicht in Langeweile erstickt, sollten wir uns ab und zu etwas Neues ausdenken. Zusammen einen Tanz- oder Kochkurs machen, ein Theaterstück ansehen, neue Leute kennen lernen oder neue Restaurants ausprobieren.

Wie habe ich Dich im Blick?
Wenn ein Paar Eltern wird, steht der Nachwuchs oft so im Vordergrund, dass die Aufmerksamkeit für den anderen nachlässt. Dabei können liebevolle Kleinigkeiten Wunder wirken: eine liebe Notiz wenn man sich am Morgen nicht gesehen hat, ein Blümchen, ein Kompliment, ein Kuss! Denn wir leben nicht zuletzt von der Wertschätzung, die wir einander schenken und die wir voneinander wahrnehmen.

Wie sind wir im Gespräch?
Und zwar nicht nur über Kind, Haushalt und andere Pflichten. Was beschäftigt Dich gerade, was liest Du, was würdest Du gerne mal machen? Oft klappt das besser, wenn wir nicht zu Hause sind, sondern z. B. in einem netten Lokal.

Mach unser Leben fruchtbar

Mach unser Leben fruchtbar, Gott
lass uns Spuren hinterlassen
Wirkung entfalten
dass etwas bleibt
über uns hinaus

Mach unser Leben fruchtbar, Gott
im miteinander reden und streiten
im aufeinander hören und schweigen
in unserem lieben und leiden
in unserem sehnen und träumen

Mach unser Leben fruchtbar, Gott
für unser beider Lebensgeschichten
für unsere Familien
für unsere Kinder
die wir ein Stück des Weges
begleiten dürfen

Mach unser Leben fruchtbar, Gott
dankbar für das, was uns geschenkt ist
kreativ in dem, was wir gemeinsam gestalten können
neugierig, auf das was kommen wird

Mach unser Leben fruchtbar, Gott
im Vertrauen auf Dich
der unser Leben
sanft in seinen Händen hält
und zur Vollendung bringt

Ulrich Hoffmann

Abbildung: © iStock: Halfpoint